Heinos neues Cover-Album: Blau blüht der Ballermann
Zehn Jahre nach seinem Cover-Album "Mit freundlichen Grüßen" legt Schlager-Gott Heino mit seiner neuen Scheibe "Lieder meiner Heimat" noch einmal nach. Diesmal interpretiert er statt Rap- oder Rocksongs deutscher Bands die Mega-Hits vom Ballermann.
Oops... - Heino did it again. Mit seinem neuen Album "Lieder meiner Heimat" wagt sich Deutschlands Schlagerlegende wieder einmal aus der klassischen Schlagerecke heraus und widmet sich deutschem Liedgut, das besonders bei der feierfreudigen Jugend beliebt ist. Herausgekommen ist ein durchaus originelles und hörenswertes Spätwerk des blonden Bariton-Barden.
Eigentlich wollte Heino (84) ja schon vor fast 20 Jahren in Rente gehen. Nach seiner ersten offiziellen Abschiedstour im Jahr 2005 verriet er der "Zeit" über seine weiteren Pläne: "Ich habe mal in den Siebzigern Schäferhunde gezüchtet. Es kann sein, dass ich mir mal wieder einen Hund zulege und sage: Ich fange wieder an." Wie die Musikgeschichte zeigt, entschied sich die Schlagerikone schließlich doch gegen einen beschaulichen Lebensabend als Hundezüchter und startete stattdessen nochmal so richtig durch.
Die Geburt des neuen Heino
Nach ein paar weiteren Alben im gewohnten Stil riss er im Jahr 2013 das Ruder plötzlich radikal herum und sprengte sich - sehr zur Verwunderung der seinerzeit vorwiegend heinohassenden Jugend - aus dem engen Korsett seines bisherigen Images heraus. Während das bisherige Konzept Heino auf strikter Humorlosigkeit und systemimmanenter Ironiefreiheit basierte, beschritt er mit dem Coveralbum "Mit freundlichen Grüßen" plötzlich völlig neue Wege.
Der "neue Heino" trug Lederjacke und Totenkopfring und tauchte mit seinem unverwechselbaren Bariton in neue Genres außerhalb des klassischen Schlagers ein. In schrillstem Kontrast zu seinem bisherigen Liedgut sang er nun Songs von den Ärzten, Rammstein und den Fantastischen Vier. Spätestens nach seinem umjubelten Wacken-Auftritt mit Rammstein im August 2013 hatte die revitalisierte Schlager-Ikone Blut geleckt und trieb mit dem Metal-Album "Schwarz blüht der Enzian" (2014) und der Fußballhymnen-Scheibe "Arschkarte" (2016) die Erschließung neuer Hörerschichten systematisch weiter voran.
Schlagerkönig greift zur Ballermann-Krone
Mit seinem neuesten Cover-Projekt "Lieder meiner Heimat" erschließt er sich nun auch das vielversprechende Hoheitsgebiet des Ballermann-Partyschlagers. Die Pressemeldung seines Labels liest sich wie eine Kampfansage an die bisherigen Platzhirsche der Playa de Palma: "Eine der größten Volksmusik- und Schlagerikonen Deutschlands schnappt sich in diesem Jahr das Mikrofon und damit auch die Krone als neuer Partykönig - wenn Heino die erfolgreichsten deutschsprachigen Partyhits der letzten Jahre in seine unvergleichliche Klangwelt überführt."
Musikalische Anzüglichkeiten von Mickie Krause
Der neuen Zielgruppe entsprechend präsentiert sich Heino nun im luftigen Hawaii-Hemd statt in schwerer Rocker-Kluft. Bei der Auswahl der Songs offenbart er eine spezielle Vorliebe für die besonders schlüpfrigen Ballermann-Kracher von Mickie Krause, von dem ganze sechs Stücke vertreten sind. Neben den beiden bereits im Vorfeld veröffentlichten Cover-Versionen der Hits "Zehn nackte Friseusen" und "Geh mal Bier holen" finden sich weitere Krause-Klassiker wie "Finger im Po - Mexiko" oder "Sie hatte nur noch Schuhe an".
Skandal-Hit "Layla" auch dabei
Ebenfalls mit Neuinterpretationen ihrer Werke bedacht werden Szenegrößen wie Julian Sommer ("Dicht im Flieger"), Almklausi und Specktakel ("Mama Lauda"), Lorenz Büffel ("Johnny Däpp"), Andreas Gabalier ("Hulapalu") oder Die Zipfelbuben ("Olivia"). Selbstverständlich durfte auf Heinos Partyhit-Liste auch der skandalumwitterte 2022er-Sommerhit "Layla" von Dj Robin und Schürze nicht fehlen.
Die Art und Weise, mit der sich der selbsternannte neue Partykönig das volkstümliche Liedgut seiner jungen Kollegen schnappt und ihm seinen heinoesken Stempel aufdrückt, hat unbestreitbar großen Unterhaltungswert. Während die Originale sämtlich mit elektronischen Kirmestechno-Beats und aufputschenden Synthesizer-Sounds unterlegt sind, reduziert er sie in seinen Cover-Versionen auf entspannte Schlagerband-Arrangements.
"Geh mal Bier holn / Du wirst schon wieder hässlich"
In Kombination mit seinem opernhaft-dramatischen Gesang erscheinen die Texte der nervenaufreibenden Partykracher dadurch plötzlich in einem ganz neuen Licht. Zeilen wie "Geh mal Bier holn / Du wirst schon wieder hässlich / Ein, zwei Bier / Und du bist wieder schön" singt er mit demselben altertümlichen Pathos ein, den man schon von "Hoch auf dem gelben Wagen" kennt und überführt sie so auf ein noch höheres Level der Abstrusität.
Sex, Alkohol und Partyexzesse
Dass die Texte der Ballermann-Hymnen genrebedingt ausnahmslos um die Themen Sex, Alkoholkonsum und Party-Exzess kreisen, zwingt den einstigen Schlager-Saubermann dazu, so manche derbe Anzüglichkeit über seine majestätischen Stimmbänder donnern zu lassen. Und so schmettert er voller Inbrunst mit fast 85 Jahren halt Strophen wie "Wenn deine Mutter wüsste, Olivia /Zeigst jedem deine Brüste, Olivia / Wenn deine Mutter wüsste, Olivia /Mit jedem in die Kiste, Olivia" ins Mikrophon, als hätte er nie etwas anderes gemacht.
Heino und die nackten 10 Friseusen
Um seiner neuen Rolle gerecht zu werden, zog er auch in den Videos der vorab veröffentlichten Singles alle Register und ließ keinen Bruch mit bisherigen Heino-Tabus aus. Zum Entsetzen seiner traditionellen Schlager-Fangemeinde zeigte er sich im Video zu "Zehn nackte Friseusen" umringt von neun leichtbekleideten Stripperinnen und einer halbnackten männlichen Friseuse. Wie die "Bild" zu berichten wusste, war Ehefrau Hannelore davon alles andere als begeistert: "Als Heino mir sagte, dass er ein Lied über zehn nackte Friseusen singen will, war ich entsetzt und habe ihn gefragt, ob er den Verstand verloren hat. Wie kommt er in seinem Alter noch auf solche Ideen?!"
Während Hannelore sich öffentlichkeitswirksam echauffierte, fing Medien-Profi Heino den scheinbaren Skandal bei RTL sogleich auf und ordnete die delikate Geschichte als reinen Pragmatismus ein. Dort sagte er: "Man muss mit der Zeit gehen. Die Lieder ändern sich, die Menschen ändern sich, und wir werden älter. Was nützt es mir, wenn ich den schönsten Schlager singe und den will keiner hören?"